Samstag, 07.05.1994

BLUESFEST LEV '94

Im Forum Leverkusen

Beginn 16.00 Uhr
Eintritt 25,-- DM


16.00 Uhr

Peter Nonn Blues Band
17.30 Uhr Magic Frankie & the Blues Disease
19.00 Uhr Eddie Shaw and the Wolf Gang
20.45 Uhr Matt „Guitar" Murphy Blues Band
22.30 Uhr Tribute to Muddy Waters

Peter Nonn Blues Band
Peter Nonn - g, harp, voc
Wollie Kaiser - saxes
Meinolf Humpert - tb, voc
Theo Krumbach - p, org, voc
Buddy Sacher - g
Uwe Sönnichsen - b
Heinz-Reiner Schiefer - dr, voc

Die Peter Nonn Blues Band ist wieder einmal ein heimisches Gewächs und macht deutlich, daß es neben Peter Lorenz und Die Band noch weitere hochkarätige Bluesinterpreten in und um Leverkusen gibt.
Die Band besteht seit nun zwanzig Jahren und hat in dieser Zeit mit ihren Konzerten örtliche Bluesgeschichte geschrieben. Sie vermischt verschiedenste Bluesstile und entleiht hierzu Elemente aus allen Epochen des Blues, wobei auch der Rock keine unbedeutende Rolle spielt. Auch Anleihen aus anderen Musikformen werden mitverarbeitet. So nimmt es nicht Wunder, wenn Country Blues, Chicago Blues, neben Boogie-und Beateinflüssen stehen, ja selbst der Tango und die Avantgarde hier und da aufblitzen.
So entsteht eine ungebundene, dynamische, aber stark bluesorientierte Musik, deren Stilelemente, auch bedingt durch den unterschiedlichen musikalischen Background der einzelnen Musiker, viele Wurzeln aufweisen: Immerhin gehört Wollie Kaiser zur inzwischen weltbekannten „Kölner Saxophon Mafia", und mit Buddy Sacher steht ein Mitglied von „Ars Vitalis" und „Serious solid swinwheard" in der Band.


Magic Frankie & the Blues Disease
Magic Frankie - voc, g, harp
Pascal Lanslots - organ, p
Marco Oonincx - b
Roel Bisschop - dr

Magic Frankie kommt aus unserem Nachbarland Holland, in dem es die meisten Bluesfans unseres Raumschiffes Erde geben soll, sicherlich aber die größten und bestbesuchten Bluesfestivals gibt.
Bei diesen holländischen Festivals ist Magic Frankie mit seiner Band gerngesehen und gehört zu den Attraktionen der holländischen Musikszene. Seine beiden letzten Veröffentlichungen „Built for Comfort" und „It's Magic" sind mit guten bis sehr guten Kritiken bedacht worden.
So ist es nicht wunderlich, wenn sein Debutalbum „Are you Listenin'" für den „W.C. Handy Award" nominiert wurde. B.B. King selbst lobt die Musik von Magic Frankie: „Your band really plays my kind of Blues" und nahm Magic Frankie und seine Band mehrfach in das Programm seiner Europatourneen auf. Auch Ray Charles, Johnny Winter und Lonnie Mack wußten sich der musikalischen Hilfe von Magic Frankie zu versichern. Er unterstreicht die Klasse des europäischen „weißen" Blues. Er ist der Geheimtip des diesjährigen Bluesfestes!


Eddie Shaw and the Wolf Gang
Eddie Shaw - sax, harp, voc
Eddie Vaan Shaw - guitar, voc
Lafayette „Shorty" Gilbert - bass, voc
Tim Taylor - drums, voc

Eddie Shaw gehört zur Originalbesetzung des legendären Bluesgiganten Howlin' Wolf. Auch nach dessen plötzlichem Tod im Jahre 1975 pflegte Eddie Shaw das Erbe des großen Bluesbarden nicht nur in der Namensgebung der Band weiter. So spielte die Band ebenso in der Carnegie Hall als auch in den Insiderclubs von Chicago, der Hauptstadt des Blues.
Shaw ist zudem einer der letzten Honker, deren röhrende Saxophonspieweise u.a. auch bei den Soulorgien des Otis Redding sowie den unvergessenen, tollen Konzerten der Blues-Brothers Marksteine setzte.
Shaw war nicht nur bis zu Howlin' Wolfs Tod sein persönlicher Manager, er komponierte / arangierte auch viele seiner Lieder. So nimmt es nicht Wunder, daß Eddie Shaw's Musik auch von John Hammond, Magic Sam, Otis Rush, Willie Dixon, Eric Clapton, Muddy Waters und anderen Rock- und Bluesgiganten auf vielen Platten verewigt wurde.
Diese Band gehört zu dem Interessantesten, was die Blueszene zu bieten hat. Wir sind froh sie für Leverkusen gewonnen zu haben!


Matt „Guitar" Murphy Blues Band
Matt „Guitar" Murphy - voc, g
Eric Udel - b
Floyd Murphy Jr. - dr
Howard Eldridge - voc
Pat Nigro - keyb
Jimmy Biggens - sax

Matt „Guitar" Murphy wurde weltbekannt als einer der führenden Köpfe der „Blues-Brothers Band". Er wurde in Sunflower County im Staate Mississippi geboren und machte seine ersten musikalischen Erfahrungen in Memphis, wo er u. a. mit den Bluesgiganten Howlin' Wolf und Memphis Slim spielte. Als Memphis Slim vom Verfasser dieser Zeilen zum ersten Leverkusener Bluesfest verpflichtet werden konnte, erinnerte man sich gemeinsam an Matt Murphy. Leider stand er damals wegen anderer Verpflichtungen nicht zur Verfügung.
Matt „Guitar" Murphy verarbeitet in seinen Kompositionen mannigfaltige Einflüsse. So spielte er mit Chuck Berry ebenso wie mit Muddy Waters und nennt den legendären Lil'Son Jackson, den leider weitgehend in Vergessenheit geratenen Bluesman aus der Entstehungsgeschichte des Blues, ebenso als Vorbild, wie den Be-Bop Giganten Charlie Parker, den Übervater des Boogie Pianos, Gene Ammons, neben dem Gitarrenvirtuosen Tal Farlow and T-Bone Walker, dem unvergessenen Bluesinterpreten. Mit seinem Bruder Eddie Floyd, der als Sänger eine eigene Karriere in der Soulära der fünfziger Jahre auf dem Sun Label machte, war Matt „Guitar" Murphy 1990 in der „Blues-Brothers Band" hier in Leverkusen auf dem 6. Bluesfest zu Gast und hat sicher noch eine Reihe von Fans hier im Ort. Denn seine und Steve Croppers Gitarren - sowie Donald „Duck" Dunns Baßläufe rissen das Publikum damals mit und machten das Konzert - auch dank der Aufzeichnung des WDR! - zu einem Markstein unserer Bluesfeste.


Tribute to Muddy Waters
Big "Daddy" Kinsey
Luther „Guitar Jr." Johnson
Bob Margolin
Carey Bell
Pinetop Perkins
Calvin „Fuzz" Jones
Willie „Big Eyes" Smith

Da kommt Freude auf, wenn man diese Band der Superlative vorstellen soll! Alle Bandmitglieder sind wichtige Steine im Mosaik der Bluesgeschichte.
Lester „Big Daddy" Kinsey alleine würde bereits mit seiner Vita locker Seiten füllen: vom Spiritual in der Church of God in Christ in seiner Geburtsstadt Pleasent Grove im Staate Mississippi, über seine Bekanntschaft mit Muddy Waters bis zu seiner Familienband „Kinsey Report" sowie den neuen Alben für das Verve Label.
Der heute 73-jährige Pinetop Perkins ist ebenfalls lebende Bluesgeschichte. Es ist leichter aufzuzeigen, mit welchen der Bluesgiganten er nicht spielte als umgekehrt. Jazz-, Rock- und Bluesstars wie B.B. King, Eric Clapton, Johnny Winter, George Benson und Muddy Waters nennen bzw. nannten ihn als wichtig für ihre Spielweise. So wundert es nicht, daß er immer noch mit seiner eigenen Bluesband mit großem Erfolg tourt.
Obwohl Bob Margolin die jüngeren Generationen des Blues vertritt und zudem ein Weißer ist, gehört er zu den Großen des Blues. Muddy Waters entdeckte ihn für seine Band, und Bob Margolins Platten auf Alligator und Powerhouse Records lassen dessen Handschrift deutlich erkennen. So machte er sieben Platten mit Muddy Waters, aber auch Johnny Winter, The Band, The Nighthawks, Luther „Guitar Jr." Johnson, Sunnyland Slim, John Brim, Mark Wenner, Skeeter Brandon und Big Joe Duskin nahmen ihn mit ins Studio.
Auch Luther „Guitar Jr." Johnson ist ein vielbeschäftigter Gast in vielen namhaften Bands, sofern er nicht mit Muddy Waters oder mit eigenen Bands unterwegs war: The Rolling Stones, Eric Clapton, The allman Brothers, Johnny Winter, Blues-Brothers Band, Stevie Ray Vaughan, Mark Knopfler u.s.w.. Er gewann viele Internationale Preise. Kurz: Er ist einer der Großen des Blues!
Carey Bell, der mit eigener Band bereits Gast des Bluesfestes war, ist ebenfalls ein absoluter Bluesstar. Muddy Waters, John Lee Hooker, Stevie Winwood, Willie Dixon und viele andere holten ihn ins Studio. Seine eigenen Bands und seine Aufnahmen auf Blind Pig Records gehören zu den schönsten Einspielungen, und nach Meinung der Internationalen Kritik ist er der beste Harmonikaspieler des Blues.
Calvin „Fuzz" Jones und Willie „Big Eyes" Smith gehören ebenfalls zur Creme de la Creme des Blues und runden diese Band der Giganten ab. Diese Band ist das Ereignis des diesjährigen Bluesfestes, ja möglicherweise sogar aller bisheriger neun Bluesfeste.

 
IN EIGENER SACHE

Das Bluesfest wird nun alleine von den Ehrenamtlern des Jazz Lev. e.V. durchgeführt, da sich auch hier die Stadt zurückzog. Wenn es uns in diesem Jahr beim 9. Bluesfest nicht gelingt, die Kosten zumindest in etwa auszugleichen, war das diesjährige Fest auch das letzte.
Verwunderlich an dem Rückzug der Stadt aus finanziellen Gründen ist, daß für klassische Musik, z.B. für die sogenannte „Westdeutsche Sinfonia", die zum großen Teil aus Musikern des Kölner Gürzenich Orchesters besteht und das x-te Sinfonieorchester in Deutschland ist, immer noch viel Geld da ist. Augenscheinlich steht die Musik unserer Zeit, der Blues, Rock und Jazz, bei den Verantwortlichen unserer Stadt nicht so hoch im Kurs. Sie waren nicht einmal bereit, eine kleine Ausfallbürgschaft zu übernehmen. Trotzdem oder gerade deswegen haben wir ein Programm stricken können, das seinesgleichen sucht und wohl das attraktivste aller bisherigen Bluesfeste ist. Hier haben wir wieder dem WDR zu danken, der unser Bluesfest, das der international größte Bluesevent in Deutschland ist, nicht im Stich läßt. Aber auch den Musikern sei gedankt, da sie uns mit geringeren Gagenforderungen ermöglichen, dieses Programm den Fans anzubieten und das mit 25.00 DM zu einem Preis, der jedem erlaubt, die Konzerte der fünf tollen Gruppen zu besuchen. Hier halten wir, trotz enger Finanzen, an der sozialen Komponente fest. Wir wollen unser Bluesfest nicht zu einem „Schickimicki-Fest" verkommen lassen, sondern allen Schichten der Leverkusener Bürgerschaft erhalten. Sollte sich dies in den nächsten Jahren nicht mehr realisieren lassen, hat es eben nicht sollen sein. Hier sei auch ein großes Dankeschön den vielen ehrenamtlichen Helfern aus der Leverkusener Bürgerschaft ausgesprochen, ob sie nun Mitglied der Vereine Jazz Lev. e.V. oder Leverkusener Jazztage e.V. sind, oder sich „nur" jeweils aktiv unseren musikalischen Initiativen anschließen. Sie alle haben Leverkusen zu einer weltweit beachteten Komponente der Musik unserer Zeit gemacht und so Leverkusen, neben dem Ruf einer Chemiemetropole, auch noch den kulturellen Aspekt hinzugefügt, auch wenn vor Ort die Finanzgewaltigen dies noch nicht so recht zu würdigen wissen, ob sie nun aus der Industrie oder aus der Politik kommen.

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